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Fächerübergreifenden Unterricht kooperativ mit Kanban gestalten

In den folgenden Artikeln möchte ich gerne verstärkt auf das übergeordnete Thema - Achtung ausgelutschtes Buzzword - "Agilität" bzw. "Agiles Arbeiten" eingehen. Dabei werde ich ausgewählte Methoden und Tools agilen Arbeitens vorstellen und auf schulische Bereiche wie z. B. Unterrichtsplanung (Kanban), Projektmanagement durch Steuergruppen (Scrum) und Schulentwicklung (Design Thinking und Lean Startup) übertragen. Beginnen möchte ich mit der Kanban Methode in Bezug auf die kooperative Unterrichtsplanung.

Fächerübergreifender Unterricht gilt der Theorie nach als eines der entscheidenden Unterrichtsprinzipien für nachhaltiges Lernen und vernetztes Denken. Ein Blick in die Klassenzimmer deutscher Schulen konstatiert jedoch, dass die an den fächerübergreifenden Unterricht gestellten Erwartungen im Schulalltag von Lehrkräften nicht erfüllt werden. Woran das liegen könnte und wie ein sogenanntes Kanban Board zu mehr fächerübergreifenden Unterricht führen kann, möchte ich dir in diesem Artikel beschreiben.
(In diesem Artikel geht es um einen fächerübergreifenden Unterricht, der kooperativ von mehreren Lehrkräften geplant und durchgeführt werden soll.)

Die Praxis zeigt deutlich, dass fächerübergreifender Unterricht, v. a. in der Form, dass mehrere Lehrkräfte diesen gemeinsam planen, nur selten Platz im Schulalltag findet.

Problem der kooperativen Unterrichtsplanung und -durchführung

Die Praxis zeigt deutlich, dass fächerübergreifender Unterricht, v. a. in der Form, dass mehrere Lehrkräfte diesen gemeinsam planen, nur selten Platz im Schulalltag findet. Die Gründe hierfür sind banal und betreffen überwiegend die Organisation der kooperativen Unterrichtsplanung und -durchführung, die sich zumeist als zu kompliziert gestaltet. Und ehrlich gesagt, bevor man zu viel Zeit und Energie in die Terminfindung mit den Kolleg:innen und die gemeinsame inhaltliche Ausgestaltung eines fächerübergreifenden Unterrichts steckt, lässt man dieses Vorhaben lieber bleiben und plant seinen Unterricht weiter allein.
Allerdings muss die kooperative Unterrichtsplanung und -durchführung nicht zwangsläufig zu einem erheblichen Mehraufwand führen, wenn du die einzelnen Team-Aufgaben gut strukturierst und für alle transparent abbildest. Hierfür kannst du ein sog. Kanban Board nutzen. Warum und wie dir dieses Tool bei deiner nächsten kooperativen Unterrichtsplanung helfen kann, möchte ich dir nun kurz vorstellen.

Was ist ein Kanban Board?

Ein Kanban Board ist ein agiles Projektmanagement-Tool, das deinem Team dabei hilft Aufgaben zu visualisieren und zu strukturieren. Ein Kanban Board umfasst verschiedene Elemente (siehe Screenshot):

  • Aufgaben-/Signalkarten: Das vermutlich auffälligste Element eines Kanban Boards sind die visuellen Karten (analog häufig Haftnotizen). Auf diese visuellen Karten / Tickets werden alle für das gemeinsame Projekt relevanten Aufgaben definiert. Bei digitalen Kanban Boards erfüllen diese Aufgabenkarten im Vergleich zu analogen Boards eine Vielzahl an nützlichen Funktionen, die für die Bearbeitung der Aufgaben und die Abstimmung im Team sehr hilfreich sein können, wie z. B. Chat-Funktion, Checklisten für Teilaufgaben oder das Einfügen von Anhängen.
  • Spalten: Wie bereits erwähnt, soll der gemeinsame Arbeitsprozess strukturiert werden. Hierfür werden Spalten verwendet, die häufig mit „Aufgaben“, „in Bearbeitung“ und „Erledigt“ gekennzeichnet werden. Jede Spalte steht für eine bestimmte Aktivität und zusammen stellen sie den Workflow deines Teams dar. Im Folgenden möchte ich kurz auf die einzelnen Spalten und ihre Funktion eingehen:
  • Backlog: In diese Spalte wandern alle im Zusammenhang mit dem Projekt bzw. der gemeinsamen Unterrichtsplanung stehenden Aufgaben, die die Beteiligten für relevant erachten. So betrachtet, kann das Backlog als eine Art Brainstorming dienen.
  • Aufgabe (To Do): In einem nächsten Schritt werden die Aufgaben aus dem Backlog von den Teammitgliedern evaluiert und die mit der höchsten Relevanz für das geplante Vorhaben ausgewählt (Aufgabenauswahl). Als nächstes werden die Aufgaben auf die einzelnen Lehrkräfte verteilt (Aufgabenzuweisen).
  • In Bearbeitung (Doing): Nachdem die Aufgaben verteilt wurden, kann jede Lehrkraft mit der Bearbeitung der ihr zugewiesenen Aufgaben beginnen. Hierfür nimmt sich die Lehrkraft ihre To Dos aus der Spalte „Aufgaben“ und zieht diese in die Spalte „in Bearbeitung“. Da alle Teammitglieder das Kanban Board einsehen können (z. B. digital mithilfe einer App), weiß jede / jeder woran die anderen Teammitglieder gerade arbeiten. Dadurch können gemeinsame Arbeitsprozesse visualisiert und somit abgestimmt bzw. harmonisiert werden.
  • Erledigt (Done): Wenn eine Aufgabe von der jeweiligen Lehrkraft abgeschlossen wurde, zieht sie diese in die Spalte „Erledigt“. In manchen Fällen ist dies das Signal für eine andere Lehrkraft, dass sie nun mit ihrer Aufgabe beginnen kann, die zuvor noch nicht bearbeitet werden konnte, da erst die eine Aufgabe der / des Kolleg:in erledigt werden musste.
  • Feedback: Ein Kanban Board ermöglicht auch sog. Feedback-Schleifen. Das bedeutet, dass eine erledigte Aufgabe nicht direkt auf erledigt gezogen wird, sondern vorab noch von einer anderen Lehrkraft überprüft werden muss. In solch einem Fall würde die abgeschlossene Aufgabe in die Spalte „Feedback“ wandern und dort von der für sie zuständigen Lehrkraft geprüft werden.
  • WIP-Grenzen: Um den Workflow deines Teams noch besser steuern zu können, kann es hilfreich sein Work-in-Progress-Grenzen (WIP-Grenzen) zu definieren. Hierbei wird festgelegt, wie viele Aufgabenkarten maximal gleichzeitig in einer bestimmten Spalte vorhanden sein dürfen. WIP-Grenzen können dabei helfen Engpässe im Workflow zu identifizieren und den Arbeitsprozess zu optimieren, indem sie aufdecken, ob sich ein Team einen zu großen Workload vorgenommen hat.

Kooperative Unterrichtsorganisation mit einem Kanban Board

Ich möchte dir nun zeigen, wie du mit wenigen Schritten ein digitales Kanban Board effektiv für die kooperative Unterrichtsorganisation einsetzen kannst.

  • Schritt 1 – Planungstreffen einberufen: Bevor die kooperative Unterrichtsplanung über ein digitales Kanban Board organisiert werden kann, ist es wichtig, dass ein Planungstreffen mit allen am fächerübergreifenden Unterricht beteiligten Lehrkräften initiiert wird. Dieses Treffen kann in Präsenz (empfiehlt sich bei neuen Teams) oder als Videokonferenz abgehalten werden.
  • Schritt 2 (optional) – Kanban Methode erklären: Dieser Schritt empfiehlt sich, wenn noch nicht alle beteiligten Kolleg:innen die Kanban Methode kennen. Du kannst das Thema ganz klassisch aufbereiten und eine Präsentation erstellen, die du dann an dem Termin den Kolleg:innen vorstellst. Du kannst aber auch den Inhalt als eine Flipped Fortbildung (im Sinne der Flipped Classroom Methode) vorbereiten. Hierfür drehst du entweder selbst ein kurzes Erklärvideo zur Kanban Methode oder du greifst auf die Vielzahl an vorhandenen Lernvideos (z. B. auf das Video von Lern-Fair) zurück. Der Vorteil bei der Variante Flipped Fortbildung ist, dass der Inhalt bereits im Vorhinein für alle Beteiligten bekannt ist und man am eigentlichen Treffen hierfür keine Zeit mehr aufbringen muss – ggf. nur noch für ungeklärte Fragen.
  • Schritt 3 – Brainstorming: Nachdem das Thema für den kooperativ zu organisierenden fächerübergreifenden Unterricht festgelegt wurde, dürfen bzw. sollen alle Teammitglieder in dieser Phase ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Es werden alle erdenklich wichtigen Unterthemen und didaktisch-methodischen Überlegungen zum übergeordneten Unterrichtsthema in der Spalte Backlog festgehalten. Wichtig: Es gibt keine „blöden“ Ideen. Jede / Jeder ist kreativ und darf sich völlig frei einbringen. Tipp: Im Netzt gibt es eine Vielzahl an hilfreichen kreativen Brainstorming-Methoden, die es sich lohnt auszuprobieren.
  • Schritt 4 – Aufgaben auswählen: Jetzt geht es darum den „Fokus zu finden“. Jede / Jeder aus deinem Team soll sich in Ruhe die Ideen aus dem Backlog anschauen und sich für drei bis fünf Ideen (kommt auf den Ideenumfang an) entscheiden. Am Ende soll eine bestimmte Anzahl an Ideen – abhängig von der Größe des Teams und dem Unterrichtsinhalt – aus der Spalte Backlog in die Spalte Aufgabe wandern. Diese nun ausgewählten Aufgaben sollen für einen fest definierten Zeitraum von deinem Team bearbeitet werden.
  • Schritt 5 – Aufgaben verteilen: Nachdem die Aufgaben definiert wurden, gilt es diese auf die Teammitglieder zu verteilen. Hierbei ist auf eine gerechte Verteilung zu achten (Gerecht heißt nicht, dass alle Mitglieder dieselbe Anzahl an Aufgaben erhalten sollen, da sich manche Aufgaben stark in ihrer Bearbeitungszeit unterscheiden können. Besser ist es, wenn die Verteilung nicht nach Aufgabenanzahl erfolgt, sondern nach Bearbeitungszeit. So kann es sein, dass z. B. eine Lehrkraft nur eine Aufgabe hat, weil diese sehr zeitintensiv ist, und die anderen Kolleg:innen haben mehrere Aufgaben zu bearbeiten.).
  • Schritt 6 – Aufgaben bearbeiten: Wenn die Aufgabenverteilung geklärt ist, kann es mit der Bearbeitung losgehen. Auch hierfür empfiehlt es sich zuvor Zeiträume für die Bearbeitung einzelner oder aller Aufgaben festzulegen. Vor allem bei Aufgaben, die von unterschiedlichen Teammitgliedern bearbeitet werden, aber aufeinander aufbauen (z. B. Person 2 kann mit ihrer Aufgabe erst beginnen, wenn Person 1 ihre Aufgabe abgeschlossen hat), sollten ein Start- und Fälligkeitsdatum gesetzt werden. Nur so lassen sich unnötige Wartezeiten und damit verbundene Verzögerungen vermeiden.
  • Schritt 7 – Erneutes Planungstreffen: Ein erneutes Planungstreffen ist dann notwendig, wenn der gemeinsam organisierte fächerübergreifende Unterricht noch nicht abgeschlossen ist oder wenn dieser inhaltlich weiter ausgedehnt werden soll. In solch einem Fall startest du mit deinem Team wieder bei Schritt 1 und springst dann zu Schritt 3, wenn dein Backlog leer ist und neue Ideen in einem Brainstorming generiert werden müssen. Oder dein Team startet gleich mit Schritt 4, weil noch so viele zu bearbeitende Ideen im Backlog liegen.

Zum Abschluss solltest du dir noch mit deinem Team überlegen mit welchem digitalen Tool ihr euer Kanban Board gestalten wollt. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Anbietern. Eins der bekanntesten Tools ist Trello.

Weiterführende Links zum Thema Kanban Board

Natürlich kann das Kanban Board auch für andere Zwecke als die kooperative Unterrichtsplanung genutzt werden, wie z. B. als Wochenplan in der Arbeit mit Schüler:innen oder als Planungstool für Schulfeste. Die folgenden Links geben dir weitere hilfreiche Ideen, Tipps und Tricks zum Einsatz eines Kanban Boards.

Im bin mir sicher, dass egal wie du das Kanban Board in deinen Schulalltag integrieren wirst, es wird dir definitiv bei deinen Zielen und Vorhaben helfen können.

Alexander Sali
Über den Autor Alexander Sali Alex ist Mitgründer von Freigeist und Förderschullehrer mit großer Leidenschaft für digitale Medien. Seit Sommer 2023 ist er Schulleiter der Franziskus-Schule in Starnberg. Von Sept. 2018 bis Aug. 2020 arbeitete er an der Regierung von Oberbayern und war dort für die Koordination der digitalen Bildung an Förderschulen zuständig.
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