logo-header

Das Artikulationsschema - Wie plane ich eine Einzelstunde?

Das Artikulationsschema - Unterrichten mit Plan

In der nächsten Zeit möchte ich ein paar Texte zum Thema Unterrichtsplanung veröffentlichen. Die Texte beschäftigen sich mit der Jahresplanung, Sequenzplanung und der Planung von Einzelstunden. Ich hoffe, dass ich damit insbesondere Berufseinsteiger*innen bzw. Referendar*innen ein paar Tipps geben kann, die ihnen die Planung von Unterricht erleichtern.
Heute geht es weiter mit der Planung einer Einzelstunde bzw. dem Erstellen eines Artikulationsschemas.

Warum plane ich meinen Unterricht? Und lässt sich Unterricht überhaupt planen?

Sobald du das erste Mal vor einer Klasse stehst, wirst du schnell merken, dass Unterricht - trotz intensiver Vorbereitung und Einkalkulieren aller Eventualitäten von Schülerreaktionen - nur bedingt planbar ist. Aus unvorhergesehenen Gründen wird es an irgendeiner Stelle deines Unterrichts u.a. zu folgenden Situationen kommen:

  • Über- oder Unterforderung von Schüler*innen
  • Fehlkalkulation der Zeiträume für einzelne Unterrichtsphasen (z.B. wegen zu langer oder zu kurzer Erarbeitung und Bearbeitung von Aufgaben)
  • Unterrichtsstörungen in Form von Lachen über den Unterrichtsinhalt usw.

Doch auch wenn du deinen Unterricht nur in einem gewissen Maß planen kannst, ist die Erstellung eines Plans nicht obsolet. Ein Artikulationsschema (oder Stundenverlaufsplan) gibt dir Orientierung, Klarheit, Struktur und Sicherheit.

Ein Artikulationsschema gibt dir Orientierung, Klarheit, Struktur und Sicherheit.

Die Planung deiner Einzelstunde sollte dabei zielgerichtet, aber nicht "einschränkend" auf dich und deine Schüler*innen wirken. Das bedeutet, dass du dir und deinen Schüler*innen eine gewisse Offenheit gewähren solltest. Diese hilft dir flexibler auf das Verhalten deiner Schüler*innen einzugehen und gibt deinen Schüler*innen die Möglichkeit, dass sie kreative Lösungen für Problemstellungen finden können.

Die Planung deiner Einzelstunde sollte dabei zielgerichtet, aber nicht einschränkend auf dich und deine Schüler*innen wirken.

Wie gehe ich bei meiner Unterrichtsplanung konkret vor?

Sechsstufiges Planungsschema

Bevor du dein Artikulationsschema bzw. deinen Verlaufsplan für eine Einzelstunde erstellst, wirst du dir vorab Gedanken bzgl. der inhaltlichen, didaktischen und methodischen Struktur deines Lerninhaltes machen. In den meisten Studienseminaren hat sich das folgende sechsstufige Planungsschema etabliert:

  1. Zielprojektion: Ein Stundenziel und damit verbundene Teilziele werden gesetzt. Mit dieser Zielformulierung wird sichergestellt, dass hinter der geplanten Lerneinheit ein angestrebter Lernzuwachs steht und dieser von den Schüler*innen verfolgt werden kann. Je nach didaktischer Auslegung kann die Zielformulierung sehr eng gefasst oder aber im Sinne eines konstruktivistischen Lernverständnisses sehr offen gehalten werden. Bei der Bezeichnung von Teilzielen für die Unterrichtsstunde lassen sich viele Variationen finden. Die meisten Lehrkräfte arbeiten mit Kategorien wie Grobziele (tragen zum globalen Verständnis bei), Feinziele (führen zu einer tieferen Einsicht und Detailwissen), Permanentziele (betreffen zumeist die Persönlichkeit) und Übungsziele (werden im Laufe einer Sequenz kontinuierlich eingeübt).

  2. Bedingungsanalyse: Das schulische Umfeld, personelle, materielle, lerntheoretische und weitere Voraussetzungen werden auf die Verfolgung des geplanten Stundenziels bezogen.

  3. Sachanalyse: Der Lerninhalt wird fachwissenschaftlich eingeordnet und dargestellt.

  4. Didaktische Analyse: Auf Grundlage der durchgeführten Sachanalyse findet die didaktische Reflexion statt. Dabei wird der Lerninhalt im Lehrplan verortet und festgelegt, inwiefern eine didaktische Reduktion am Lerngegenstand vorgenommen werden muss. Zudem werden Unterrichtsprinzipien, wie z.B. Schülerorientierung, Selbsttätigkeit und Differenzierung, formuliert. Unterrichtsprinzipien können als universale Grundsätze der Unterrichtsgestaltung verstanden werden und sagen etwas über die Qualität und Effizienz von Unterricht aus.

  5. Methodisch-organisatorische Gestaltung: Es wird festgelegt mit welcher Methode (Stationenlernen, Rollenspiel, World Café etc.) der Unterrichtsinhalt den Schüler*innen vermittelt werden soll. Folgender Link bietet eine umfangreiche Übersicht über Unterrichtsmethoden: Methodenpool

  6. Erfolgsevaluation: Am Ende der gehaltenen Unterrichtsstunde findet eine umfassende Reflexion statt. Konnte ich die zeitliche Struktur einhalten? Hat die entsprechende Methode zum Unterrichtsinhalt gepasst? Wurde das eingangs gesetzte Stundenziel von den Schüler*innen erreicht? Welche Modifizierungen müssen für die nachfolgende Stunde vorgenommen werden? ...

Mit dieser vertieften Auseinandersetzung im Hinterkopf kannst du nun dein Artikulationsschema erstellen.

Stundenstruktur - Erstellung eines Artikulationsschemas

Das Artikulationsschema kann als eine Art offenes Drehbuch deiner geplanten Unterrichtsstunde verstanden werden. Die Betonung liegt bewusst auf "offen", damit du deinen Schüler*innen genug Freiräume zum Finden von kreativen Lösungsstrategien gibst.
Die einfachste Grundstruktur eines Artikulationsschemas folgt dem klassischen Dreischritt: Einstieg - Erarbeitung - Ergebnissicherung. Je nach Schulart oder Unterrichtsfach kann diese Struktur erweitert werden. So kann z.B. im Anschluss an die Phase der Ergebnissicherung noch eine Würdigungsphase, in der sich die Schüler*innen untereinander Feedback zum Lernverhalten geben, angeschlossen werden.

Die einfachste Grundstruktur eines Artikulationsschemas folgt dem klassischen Dreischritt: Einstieg - Erarbeitung - Ergebnissicherung.

Der Einstieg in ein Thema

In dieser Phase begegnen die Schüler*innen dem neuen Sachverhalt. Ziel ist es, dass du die Schüler*innen zur Auseinandersetzung mit dem Thema motivierst. Motivation kannst du gut durch Aktualitätsbezug (Wie kann das Thema auf ein aktuelles Ereignis oder auf einen Trend aus der Erfahrungswelt deiner Schüler*innen bezogen werden?) oder durch eine provokante These/Äußerung (Den Klimawandel gibt es gar nicht!) erzeugen.

Die Erarbeitung des Lerngegenstandes

Diese Phase ist davon geprägt, dass der neue Lerninhalt geklärt wird, sprich allen Schüler*innen begreifbar wird. Dabei solltest du auf vorhandenes Vorwissen deiner Schüler*innen zurückgreifen, um so eine gemeinsame Auseinandersetzung mit dem neuen Thema zu erreichen. Du möchtest an dieser Stelle, dass deine Schüler*innen sich den Lerninhalt so weit wie möglich eigenständig erschließen. Das kann in Form von einem Lehrer-Schüler*innen-Gespräch erfolgen, in dem du die Vermutungen deiner Schüler*innen aufgreifst und in eine zielführende Struktur zur Ergebniserarbeitung bringst. Oder du setzt eine Methode, wie z.B. das problembasierte Lernen ein, wonach du deinen Schüler*innen ein Problem vorgibst, dass nach einem bestimmten Muster von ihnen selbstständig gelöst werden soll.

Die Ergebnissicherung - Merken und Anwenden des neuen Wissens

In einem letzten Schritt möchtest du den erarbeiteten Inhalt durch verschiedene Übungsformen im Gedächtnis deiner Schüler*innen festigen. Für welche Form der Übung du dich entscheidest ist von dem Unterrichtsgegenstand, deinen Schüler*innen und deiner didaktisch-methodischen Überzeugung abhängig. Die gängigste Übungsform ist womöglich das Arbeitsblatt. Übung und Festigung des Lerninhalts lassen sich aber auch mit "exotischeren" Methoden, wie z.B. dem szenischen Spiel oder dem Erstellen einer Website zum neuen Thema erzielen.
Ein nächster Schritt der über das reine Memorieren des Gelernten hinausgeht und Lernen auf eine höhere Stufe bringt, ist die Anwendung des neuen Wissens auf einen ähnlichen oder anderen Sachverhalt (Transferleistung). Wenn das deine Schüler*innen umsetzen können, kannst du dir sicher sein, dass sich der Lerninhalt bereits verfestigt hat.

Kurzer Reminder: Erfolgsevaluation

Am Ende deiner gehaltenen Stunde wartet eine umfassende Reflexion des Unterrichtsgeschehens (siehe Punkt 6 des sechstufigen Planungsschemas).

Inhalte eines Artikulationsschemas

Ein Artikulationsschema besteht in der Regel aus einer Zeitachse (y-Achse) und einer Handlungsachse (x-Achse). Diese beiden Kategorien (Zeit und Handlung) werden meist in Form einer Tabelle mit mehreren Spalten abgebildet. In der ersten Spalte links wird der zeitliche Verlauf der Unterrichtsstunde nach unten dargestellt. In den Spalten daneben werden die von der Lehrperson geplanten Handlungsverläufe der Unterrichtsstunde genauer beschrieben. Dafür werden die Spalten meist mit folgenden Kategorien betitelt (von links nach rechts zu lesen): Artikulationsphase, Lehrer-Schüler*innen-Interaktion, Medien und Material. Unter diesem Link findest du ein Artikulationsschema, das mit Freigeist erstellt wurde:
Beispiel Artikulationsschema zum Download

Digitale Unterrichtsplanung mit Freigeist - Welche Vorteile bietet Freigeist bei der Erstellung eines Artikulationsschemas?

Mit Freigeist kannst du Artikulationsschemata bzw. Stundenverlaufspläne digital erstellen. Durch Klicken auf eine angelegte Sequenz wechselst du in eine detaillierte Ansicht. Hier hast du die Möglichkeit deine Einzelstunden erstmal grob zu planen, indem du diese mit einem Titel benennst und in eine sinnvolle Reihenfolge bringst (per Drag and Drop).
Anschließend kannst du für jede Einzelstunde Überlegungen zum didaktisch-methodischen Vorgehen, Lernzielen für die jeweilige Stunde, Hausaufgaben und Lehrplanbezüge festhalten.
Kernelement ist das Artikulationsfenster auf der linken Seite. Du kannst dort einzelne Artikulationsblöcke im Minuten- oder 5-Minuten-Takt aufziehen, betiteln (Einstieg, Erarbeitung etc.) und dann Details zur Schüler-Lehrer-Interaktion eintragen. Zusätzlich erlaubt dir die Spalte Materialien, dass du die für die jeweilige Artikulationsphase notwendigen Materialien einträgst. So verlierst du nie den Überblick, welche Materialien du wann, wie einsetzen möchtest.
Sobald du mit der Planung deiner Einzelstunden fertig bist, kannst du sie als PDF downloaden und ausdrucken, um sie z.B. bei deiner Schulleitung oder Seminarleitung abzugeben.

Für Referendar*innen ist Freigeist für das komplette Referendariat kostenlos.
Unter diesem Link, kannst du dir einen Eindruck von der Planung einer Einzelstunde mit Freigeist verschaffen: Tutorial "Planung einer Einzelstunde mit Freigeist"

Alexander Sali
Über den Autor Alexander Sali Alex ist Mitgründer von Freigeist und Förderschullehrer mit großer Leidenschaft für digitale Medien. Seit Sommer 2023 ist er Schulleiter der Franziskus-Schule in Starnberg. Von Sept. 2018 bis Aug. 2020 arbeitete er an der Regierung von Oberbayern und war dort für die Koordination der digitalen Bildung an Förderschulen zuständig.
logo-header
Über Freigeist Leicht bedienbare digitale Unterrichtsplanung Freigeist ist eine Onlineanwendung für Lehrerinnen und Lehrer, um Unterricht digital zu planen. Mehr erfahren